I'm sure..I know you..

"bleib stark bleib stark bleib stark..." versuchte ich mir in gedanken einzureden. Ich 'durfte' als letzte vorsingen... Ich stand auf und plötzlich hatte ich eine alte, abgegriffene Gitarre direkt vor meinem Gesicht. "Hier junge Frau, mal sehen, ob sie so gut spielen, wie sie stören." grinste der gehässige Lehrer. Ich nahm die gitarre, zog einen Stuhl ran, setzte mich und überlegte, was ich wohl spielen könnte... ich schlug die beine übereinander, stimmte die Gitarre neu und began..

"I stumble through the wreckage
Rusted from the rain
There's nothing left to salvage
No one left to blame
Among the broken mirrors
I don't look the same
I'm rusted from the rain
I'm rusted from the rain

Dissect me until my blood runs down into the drain
My bitter heart is pumping oil into my veins
I'm nothing but a tin man, don't feel any pain
I don't feel any pain, I don't feel any pain
I'm rusted from the rain

Go on crush me like a flower, rusted from the rain
Come on, strip me of my power, beat me with your chains
And if I'm the king of cowards, you're the queen of pain
I'm rusted from the rain, I'm rusted from the rain

You hung me like a picture, now I'm just a frame
I used to be your lap dog, now I'm just a stray
Shackled in a graveyard, left here to decay
Left here to decay, left here to decay

I'm rusted from the rain

Go on crush me like a flower, rusted from the rain
Come on, strip me of my power, beat me with your chains
And if I'm the king of cowards, you're the queen of pain
I'm rusted from the rain, I'm rusted from the rain

I'm rusted from the rain..

[Guitar solo]

o on crush me like a flower, rusted from the rain
Come on, strip me of my power, beat me with your chains
And if I'm the king of cowards, you're the queen of pain
I'm rusted from the rain, I'm rusted from the rain

Go on crush me like a flower, rusted from the rain
Come on, strip me of my power, beat me with your chains
And if I'm the king of cowards, you're the queen of pain
I'm rusted from the rain, I'm rusted from the rain
The sun will shine again, I'm rusted from the rain
I'm rusted from the rain, the sun will shine again

I'm Rusted from the rain."

Marc sah auf, wischte sich die Träne weg und musterte Rose. Julie sang genauso. In der gleichen Stimmlage, in dem gleichen Rythmus, aber..Nein..mache ich mir nichts draus. Marc wurde langsam schwindlig. Er sah sich um und gab dem Lehrer ein Handzeichen. Dieser verstand und nickte nur. Leise verkündete er:"Marc wird gleich wieder ohnmächtig."

"Marc wird gleich wieder ohnmächtig" schallten die Worte in meinem Kopf wieder. Ich saß bereits wieder neben ihm und schaute ihn mit großen Augen an. ich schob die vorher angefertigte Zeichnung in den Hefter und beobachtete marc genau, jedesmal wenn er auch nur leicht schwankte, zuckte jeder Muskel in deine Richtung, um ihn eventuell zu fangen.

Marc schwankte hin und wieder. Mittlerweile kennen sie es schon, dass ich jede zweite Unterrichtsstunde zusammenbreche. Also ist dies wirklich nichts Neues. Dann sah er kurz zu Rose und verdeutlichte ihr mit einem Blick, dass sie ihn nicht auffangen brauchte. Dann fielen ihm die Augen zu, sein Bewusstsein schwand und er fiel ohnmächtig vom Stuhl und schlug laut auf dem Boden auf.

Ich war wie gelähmt.. Ich konnte ihn nur ungläubig anstarren.. Was war mit ihm passiert, seit ich 'gestorben' war.!? Ich sah mich im Raum um.. Niemanden schien zu interessieren, dass Marc bewusstlos am Boden lag.. Ich sprang auf, nahm' meine Sachen und lief aus dem Raum, den Blick der anderen auf meinem Rücken spürend riss ich die Tür auf und lief durch die Gänge der Schule. Ich lief auf den alten Dachboden der Schule, dessen betreten eigendlich streng verboten war.. ich hielt mich hier früher oft zusammen mit Marc auf.. Ich setzte mich in die dunkelste Ecke des staubigen Dachgeschosses, rollte mich zusammen und ließ der trauer und der schuldgefühle ihren lauf..

Marc lag desweiteren ohnmächtig auf dem Boden.
"Was ist denn in ihr gefahren?" - "Was ist der denn über die Leber gelaufen?" - "Noch nie einen ohnmächtigen Jungen gesehen?" - "Dumm muss man schon sein." Viele Kommentare in dieser Art waren zu hören als Rose den Raum laufend verlassen hatte. Herr Müller versuchte währenddessen seinen Unterricht weiter zu führen.

Das dumpfe Schallen der Schulglocke war bis nach oben zu hören, doch ich ignorierte es. Ich badete weiter in depression, versuchte die dummen Kommentare zu meinem plötzlichen 'Anfall' zu verdrängen, die Gedanken an Marc, einfach alles. Ich versuchte meinen Kopf leer zu kriegen, doch nichts half..

Marc wurde langsam wieder wach. Er scherte sich nicht um seine Ohnmacht. Er bedauerte es nur, dass er wieder aufgewacht war, denn er wollte nicht mehr aufwachen. Er wollte erkalten und erstarren. Marc stand auf, packte ein, nahm seinen braunen Trenchcoat, seinen schwarzen Rucksack und verließ den Unterrichtsraum, ging zum Nächsten. Als nächstes stand Biologie auf dem Plan, leider. Wie sehr er doch dieses Fach hasste, doch es half nichts. Langsam aber sicher ging er zum Biologie-Raum.

Das Geräusch der herabfallenden Kästen schallte im ganzen Raum wieder. Ich riss sie um, als ich aufstand. Ich putze mir den Staub von den Sachen, ging auf die nächstbeste Toilette und richtete mir die Haare, zupfte meine Kleidung zurecht. Ich schaute in den Spiegel. Das verwischte MakeUp war schnell wieder berichtigt, als es dann plötzlich zum Unterricht klingelte. "Ganz ruhig. Nichts anmerken lassen. Alles ist schön, mir ist bloß plötzlich extrem schlecht geworden, weil der Lehrer so eckelerregend war." leise murmelte ich die Ausrede so lange vor mich hin, bis ich sie verinnerlicht hatte. Ich atmete noch einmal tief ein und aus. Ich zog den Zettel mit meinem Stundenplan aus meiner Tasche und ging zum Raum..

Im Biologieraum sitzend, dem Lehrer zuhörend, starrte Marc Löcher in die Luft. Er interessierte sich nicht sonderlich für Biologie, schon gar nicht für das neue Thema, Ernährung des Menschen. Es war doch jede Stunde dasselbe, so kam es ihm vor, und doch nahm er immer wieder neue Informationen mit nach Hause. "...beinhalten. Marc? Könntest du das wiederholen?", fragte nun Herr Romusar. Herr Romusar war ein Mitte 30, blonder, athletischer Mann. Er war erst letztes Jahr an diese Schule gekommen und doch kannte er sich bereits ziemlich gut aus. "W-Was?" - "Was beinhalten Säurungsmittel?" - "Entschuldigung, aber das weiß ich nicht."

'Biologie' stand in großen, verblassend, schwarzen Buchstaben an der Tür. Ich hatte die Hand bereits auf der Türklinke, zögerte jedoch.. Ich wollte da nicht rein, nicht die Blicke ertragen.. Ich riss mich zusammen und öffnete die Tür. Die gesamte Klasse richtete nun ihren Blick auf mich. Ich stöckelte grazil und selbstbewusst auf einen der freien Plätze in der letzten Reihe. Der Lehrer sah mich kurz an, fuhr dann jedoch mit dem Unterricht weiter. Vor mir saß Jennifer, ihre hellbraunen Haare glänzten trotz der nur schwachen Beleuchtung des Raumes.. Wenn Blicke töten könnten...

Der Lehrer ließ sich nicht stören, denn er wollte nach Unterrichtsende mit seiner Schülerin über das Zuspätkommen sprechen. "Wieso weißt du das nicht? Weißt du nicht, was in deiner Nahrung ist?", fragte nun Herr Romusar Marc. "Ich esse nichts." - "Wie? Du isst nichts?" - "Ich esse schon seit zwei Monaten nur ein Brot alle zwei Wochen und dieses ist trocken." - "Du bist krank, richtig? Wer gibt dir den Grund dafür?" - "Julie. Sie wissen doch..Die Schülerin, die uns vor zwei Monaten verlassen hat."

"Nicht weinen nicht weinen nicht weinen nicht weinen nicht weinen." schrie mir die Stimme in meinem Kopf zu, und ich gehorchte. Ich wollte immernoch nicht wahr haben, dass ich an seinem Leid schuld war. Mit einer Hand an den Tisch gekrallt versuchte ich mich auf das Tafelbild zu konzentrieren, doch es ging nicht, stattdessen starrte ich immer wieder zu Marc.

Marc versuchte mitzuschreiben, jedoch wurde er immer wieder von seinem Bio-Lehrer angesehen, was ihn sichtlich nervte, konnte er denn nicht einmal aufhören? Das war doch unerträglich.

Die Stunde zog sich ins Unermessliche, die Sekunden krochen dahin, jede Minute glich einem Jahr ohne Regen. Das Gestarre von den Sportlern machte es nicht besser, immer wieder warfen sie mir ihre besten 'Aufreißer-Blicke' zu, die ich mit einem ironischen Lächeln immer wieder abblocken musste. Als es esndlich klingelte, sprang ich sofort auf, doch der Lehrer ermahnte mich, noch kurz zu warten..

Marc verließ währenddessen den großen Raum und ging in Richtung des heruntergekommenen Sporthalle, welche sich gleich neben der Schule befand.

Der werte Herr Lehrer meinte:"So..Misses, wieso sind sie zu spät gekommen? Was ist ihre Entschuldigung? Noch nicht einmal einen Tag an unserer wunderbaren Schule und schon einen Fehler begehen. Was soll das nur werden?"

Gekonnt warf ich meine Haare über die Schulter, und sah meinen Lehrer an. "Mir war schlecht, entschuldigen sie.. " sagte ich ernst und ließ ihn einfach stehen. "Super, wir haben Sport und ich hab keine Sachen dabei... tz.." Die Lehrerin nahm kommentarlos meine Entschuldigung an und ich durfte die Sportstunden auf der Bank verbringen... Was für eine Ehre.

Die Jungen und die Mädchen der teilnehmenden Klassen wurde in eine große Halle geführt, um dort dann, gemeinsam Sport zu machen. Auch Marc trat in diese Halle ein. Er beachtete Rose nicht weiter, sondern gesellte sich gleich zu einigen anderen Jungs, um nicht alleine dazustehen. Er sah fast verloren aus in seiner Sportkleidung, da diese viel zu groß für ihn war. Das Top hing nur an ihm herunter und die Sporthose hing so herunter wie es bei einem Baby die Windel tat. Sein eigentlicher Körper war nun richtig gut zu betrachten. Alle hatten Recht. Er sah wirklich aus wie ein Skellett, da alle Knochen sichtbar waren.

"Marc..." murmelte ich leise, entsetzt. Wie konnte man innerhalb so kurzer Zeit nur so extrem abmagern? Ich starrte den Boden vor mir an, mit weit aufgerissenen, leeren Augen. Erst jetzt wurde mir das Ausmaß meines Handelns bewusst. Ich hätte nie im Leben erwartet, dass es ihn so mitnehmen würde...! Ich musste irgendwas tun.. aber nur was..?

Marc sah kurz zu Rose und seufzte traurig. Er wusste, was jetzt kam. Basketball und danach Volleyball, wie er es doch hasste. Der Lehrer kam herein und sofort hieß es sich eine halbe Stunde einlaufen. Marc tat wie es ihm und den anderen befohlen wurde. Er lief los und vergaß alles um sich herum.

"Verdammt, was hast du dir dabei gedacht.!? Wie blind warst du.!?" schrie mich meine innere Stimme an. Ich wippte nervös mit dem Fuß auf und ab, versuchte eine Lösung für dieses Problem zu finden, doch ich fand nichts. Ich musste Marc irgendwie von "Julies" Tod ablenken, ihn wieder glücklich machen.. Aber wie? Wenn ich mich mit ihm anfreunde, würde er merken, dass was nicht stimmt...

Marc lief weiter doch schon nach einiger Zeit verließen ihn seine körperlichen Kräfte. Er blieb stehen. "Ey! Was soll das?!" - "Lauf weiter, du Arsch!" - "Gehen zählt nicht." Das alles riefen ihm Schüler zu, die an ihm vorbeiliefen, doch Marc störte das nicht. Der Lehrer wusste es mittlerweile und schüttelte nur seufzend und enttäuscht den Kopf. "Marc Waldorf..Du warst einmal so gut in Sport. Du hättest in sämtlichen Manschaften mitmachen können. Was ist nur mit dir passiert?", fragte der Lehrer rethorisch als Marc neben ihm stand und keuchte.

Ich konnte und wollte mir das nicht weiter ansehen. Ich lief aus der Halle, hinaus den den Flur. Die Kabine war abgeschlossen. Ich lehnte mich an die kühle Wand und ließ meine Knie nachgeben. Ich legte den Kopf in den Nacken und starrte an die Decke. Die Vorwürfe kratzten an meiner Fassade.

"Geh du erst einmal etwas trinken. Ich kann mir dein Keuchen nicht mehr anhören.", meinte der Sportlehrer nun. Marc nickte. Er verließ die Halle und ging an Rose vorbei, würdigte ihr keines Blickes und trat in die Umkleidekabine der Jungs ein. Dort ging er zu seinen Sachen, nahm eine Flasche Wasser heraus, öffnete diese und trank daraus.

"ich hab noch nie erlebt, dass er so ignorant ist..." überlegte ich. Man hörte das leise Prasseln des Regens und die Schritte innerhalb der Halle durch den Flur schallen. Der Flur kühlte ab, zumindest kam es mir so vor. Ich summte leise 'Wake me up when september ends' vor mich hin, um mich abzulenken..