I'm sure..I know you..

Marc trank weiterhin, entschloss sich dann doch, die Flasche zu schließen, sie wegzupacken und dann die Kabine wieder zu verlassen. Er bemerkte die Kälte, die aufkam. Er sah dann doch zu Rose und meinte:"Ich will dich eigentlich nicht belästigen, aber findest du das gut? Also auf dem kalten Boden zu sitzen?"

Ich reagierte verspätet, ich hätte nicht gedacht, dass er mit mir reden würde. Ich wendete meinen Kopf in seine Richtung und sah in mit großen Augen an. "mh? ähm.. naja besser als drinne in der stickigen halle.." log ich sichtlich schlecht und noch viel zu überrascht. Als mir selbst erst auffiel, wie unterirdisch ich gelogen hatte, senkte ich den Blick, legte den Kopf auf die Knie und seufzte..

Marc wusste zwar, dass sie gelogen hatte, sagte aber trotzdem:"Ich habe schon verstanden, Modepüppchen. Aber denk dran..Die Welt besteht nicht nur aus Schminke und hohen Schuhen." Er warf ihr noch einen verachtenden Blick zu und ging dann zurück in die Sporthalle, wo die Jungs schon mit Basketball angefangen hatten.

"iCH BiN KEiN 'MODEPüPPCHEN!! DU HAST DOCH KEiNE AHNUNG!!" rief ich ihm wütend hinterher. Solche worte aus seinem Mund zu hören.. Diese Verachtung, die dahinter lag.. Solch eine Verachtung GEGEN MiCH.. Es war, als würde er mir ein Messer in die Brust rammen. Ich stand langsam vom kalten Boden auf, schlenderte den Gang hinunter zur Seitentür und stellte mich unter das kleine Vordach. Der Regen erreichte mich nicht, aber das schauspiel, was Wind, Licht und Regen veranstalteten, war schön zu beobachten..

Marc bemerkte etwas..Sie..hatte den gleichen Tonfall beim Schreien, aber nein, es gibt keine Parallelen. Diese darf es einfach nicht geben. Julie ist tot. Gestehe es dir endlich ein, Marc Waldorf. Du kannst sie nicht mehr retten. Es ist zu spät. Er setzte sich auf eine, der bereits morschen, Bank und seufzte einmal. Er würde an dem Spiel teilnehmen, wenn die nächste Partie beginnen würde.

Die Wolkendecke brach auf, die Sonnenstrahlen wurde von den Regentropfen immer und immer wieder reflektiert, der Wind bog die Äste. Ich entschloss mich nach einigen Minuten wieder in die Halle zu gehen, auf dauer war es wirklich verdammt kalt draußen. Ich ging an Marc vorbei und sah ihn nur kurz aus dem Augenwinkel an, wendete mich dann wieder von ihm ab und gab ein "tz" von mir, was stark nach eingeschnapptem Kind klang..

Marc grinste leicht machomäßig, was man oder frau noch nie von ihm gesehen hatte. Er war erstaunlich, dass er überhaupt grinste, denn seit Julies Tod hatte er nicht gelächelt oder gelacht. "Marc? Kommst du?" - "Ja, ich komme." Marc stand auf und begab sich zu einem schwarzhaarigem Jungen, genannt Raul, hin. Er lauschte seinen Befehlen und nickte ab und zu mal.

Hatte er grade wirklich gegrinst.?! oô Ich war vollkommen perplex, er war die ganze zeit so kühl, und nun? Als ich zu ihm sah musste ich leise kichern, es war einfach zu schön, wie er blind gehorchte, wie ein kleiner Hund. Er war zwar nicht so gut wie früher, doch er spielte immernoch verdammt gut.

"Aber fall bloß nicht während des Spiels in Ohnmacht, das hatten wir letztes Mal schon.", meinte Raul grimmig. "Ich habe ja schon verstanden.", entgegnete Marc. Dann pfiff der Lehrer und das Basketballspiel nahm seinen Lauf.

Gespannt beobachtete ich das Spiel, beide Mannschaften waren einander ebenbürtig, die Partie wurde zu einem Kopf an Kopf rennen. Je länger das Spiel ging, desto öfter gerieten die Spieler aneinander.. Langsam fing ich an mir Sorgen um Marc zu machen.. Das Spiel worde immer grober..

Marc wurde angerempelt und zwar von Carlos Flickerman, einem blonden, stämmigen Jungen. Marc fiel zu Boden und man konnte ein leises Knacken hören, dennoch stand er wieder auf und führte das Spiel wie ein Mann weiter. "Scheiß Bastard.", fluchte er kurz, denn die Stelle, wo er drauf gefallen war, tat sehr weh.

So langsam bewegte sich das "Spiel" immerweiter vom Sport weg, es wurde gerempelt, geschuppt, gezerrt. Die Jungs nahmen diesen kleinen Wetttkampf viel zu ernst. Ich funkelte Carlos kurz schulszuschiebend an und hoffte, dass Marc das Spiel irgendwie unverletzt überstehen würde.

Marc wurde erneut zu Boden geschuppst und dieses Mal war das Knacken lauter als vorhin. "Sorry Skellett, aber so spielt das Leben.", knurrte Carlos. Marc wollte sich wieder aufrichten, aber es ging einfach nicht.

Das Knacken war bis zu mir zu hören. Ich schaute in Marcs Richtung und sah, wie er am Boden lag. Aber anstatt ihm zu helfen, spielten die anderen weiter. Selbst der Lehrer unternahm nichts, sondern beobachtete die Spielzüge der Mannschaften. Ich stand auf, lief auf's Spielfeld, wobei ich 'versehendlich' Carlos ein Bein stellte. Ich zog Marc aus dem Spielfeld hinaus und legte ihn ein, zwei Meter neben der Außenlinie ab.

Marc war noch bei vollem Bewusstsein. Er sah Rose verwirrt an. "Warum tust du das? Du hättest mich doch einfach liegenlassen kö-", meinte er bevor sein Bewusstsein versagte. Sein leichter gehobener Kopf senkte sich wieder Richtung Boden und seine Augen fielen zu.

"nein, hätte ich nicht." murmelte ich in mich hinein. Ich sah den Lehrer kurz an, welcher daraufhin nickte. Ich ging auf's Spielfeld, zerrte Carlos an die Außenlinie. "Was soll das denn, Kleine?!" fuhr er mich an. "Du Möchtegern-Matcho trägst jetzt mit mir Marc in eine der leeren Kabinen." meinte ich kalt. "Warum sollte ich?" lachte er. Die Blicker der gesamten Halle waren auf mich gerichtet. Ich packte ihn am Kragen seiner Shirts und zog ihn hinab auf meine Höhe, unsere Gesichter waren nur wenige Millimeter voneinander entfernt. "Wenn du von jetzt an nicht mit Platzpatronen schießen willst, würde ich tun, was ich dir sage... Wenn du verstehst, was ich meine...!" kurrte ich ihn an.

Marc bekam von diesem Desaster nicht viel mit, da er weiterhin bewusstlos war.

Carlos' dunkel Augen starrten mich überrascht an. Er nickte mechanisch und trug Marc hinter mir her, in eine der leeren Kabinen. Ich wies ihn an, ihn auf die Bank zulegen, danach ging er. "Rückgratloser Gorilla." murmelte ich kichernd. Ich legte Marc's Kopf hoch und rüttelte leicht an seiner Schulter. Als das nichts brachte, ging ich ans Waschbecken, füllte meine Hände mit Wasser und ließ es Marc auf den Kopf plätschern.

Die Taktik mit dem eiskalten Wasser hielf. Marc gewann an Bewusstsein und innerhalb von drei Minuten, welche sich wie eine Ewigkeit anfühlten, wachte er dann auf.

Ich kicherte kurz, als er sich aufsetzt. "Na Dornröschen, wie geht's?" fragte ich ihn lächelnd, sichtlich amüsiert darüber, wie verdammt verschlafen er aussah.

"Das fragst du noch? Ich bin sichtlich enttäuscht darüber, dass ich wieder aufgewacht bin.", meinte er seufzend und dennoch der Wahrheit entsprechend.

Mein Lächeln wich vollkommenem Unverständnis. "Sag sowas nicht. Denkst du, sie würde wollen, dass du dich zu Tode hungerst.?!" Ich setzte mich neben ihn, sah ihn aus dem Augenwinkel heraus an. "Was denkst du, wie es ihr gehen würde, wenn sie wissen würde, was für Leid sie dir angetan hat....?" Meine Stimme brach ab, bevor ich meinen Vortrag fortsetzten konnte.

"Ich weiß leider nicht wie sie zu den Sachen stand. Wir haben nie über diese Dinge gesprochen, dennoch ist mir das im Moment egal, denn ich habe niemanden mehr auf dieser Welt, der mich leiden kann.", meinte Marc nun.

Ich boxte ihm leicht gegen die Schulter. "Ehy, denkst du, ich hab dich vom Spielfeld gezogen, weil ich nichts besseres zu tun hatte? Nein, ich hab dir geholfen, weil ich glaube, dass du ein herzensguter Mensch bist.... und außerdem weiß ich, wie mies und kalt das Leben sein kann..." Ich zitterte leicht an den Gedanken an den Autounfall meiner Eltern, bei welchem meine Mutter starb... und mein Vater seitdem im Koma lag..

"Erstaunlich, dass das aus einem geschminkten Mund kommt. Normalerweise verachten mich Mädchen. Ich werde allgemein verachtet. Selbst bei meinen Eltern bin ich unten durch.", erklärte er kalt. Man konnte förmlich an seiner Tonlage hören, dass es keinen Sinn hatte, dass er weiterhin am Leben teilnahm.